top of page
Suche
  • AutorenbildCarmen Schiefer

Mykoplasmen – Unterschätzt, unentdeckt, unbehandelt...

Aktualisiert: 5. Dez. 2022

Mykoplasmen sind winzige Erreger, die selbst bakteriendichte Filter überqueren können. Diese Keime besitzen keine starre Zellwand wie "normale" Bakterien, sondern nur eine Zellmembran, welche der Zellmembrane der Säugetierzelle ähnelt. Sie verstoffwechseln z.B. Glukose, produzieren aber auch ein Haemolysin, welches die Blutzellen zerstört. Sie heften sich vorzugsweise auf die Zellmembran von Schleimhautzellen, Bindehaut, Nasenschleimhaut, Lungengewebe, Schleimhaut der Geschlechtsorgane und in schweren Fällen an die Hirnhäute. Sie sind die kleinsten Mikroorganismen, die sich selbstständig außerhalb einer Zelle vermehren können.


Mykoplasmen besitzen eine natürliche Resistenz gegenüber Antibiotika, wie z.B. den Penicillinen, da die meisten Wirkstoffe eben aufgrund der fehlenden Zellwand nicht an dieses Bakterium „andocken“ können. Sie werden nicht als Krankheitserreger erkannt und normale Antibiotika verpuffen in ihrer Wirkung, ohne auch nur das geringste auszurichten.


Die häufigsten Mykoplasmen-Arten beim Hund sind

· Mycoplasma canis

· Mycoplasma haemocanis (Haemobartonella canis)


und bei der Katze

· Mycoplasma felis

· Mycoplasma haemofelis (Haemobartonella felis)

· Mycoplasma haemominutum

· Mycoplasma turicensis


Unsere Tiere infizieren sich am häufigsten über zwei Möglichkeiten:

1. Vektoren, also Zecken, Flöhe und andere blutsaugende Insekten

2. Von Tier zu Tier über z.B. Bissverletzungen


Auch Bluttransfusionen wurden als möglicher Übertragungsweg genannt.


SYMPTOME

Diese unterscheiden sich je nachdem, ob es sich um hämotrope Mykoplasmen handelt, die sich an die roten Blutkörperchen heften, oder um die Arten, die sich in den Atemwegen, im gesamten Respirationstrakt, ansiedeln.


Ist der Respirationstrakt betroffen, können die Symptome von Bindehautentzündungen, Schnupfen, Husten, Heiserkeit bis hin zu Atemnot, Asthma und Lungenentzündung reichen. Auch bei Zwingerhusten und Katzenschnupfen können Mykoplasmen zusätzlich zur viralen Infektion beteiligt sein. Diese Infektionen sind lästig, aber in der Regel enden sie nicht tödlich, Ausnahme stellen hier Welpen dar, denn es wurden tatsächlich verstorbene Hundewelpen mit schweren Erkrankungen der Lunge untersucht und es wurden spezielle Mykoplasmen, Mycoplasma cynos, gefunden.


Ganz anders sieht es aus, wenn HÄMOTROPE Mykoplasmen in den Blutkreislauf gelangt sind und gerade bei Katzen eine feline infektiöse Anämie auslösen.

Es gibt auch Verläufe, die nicht die „typischen“ Merkmale aufweisen, aber diese sind weniger häufig und können zum Teil sogar spontan ausheilen. In der Regel treten folgende Symptome auf:


· akute hämolytische Anämie (Blutarmut) mit Inappetenz, Lethargie, Dehydratation, Gewichtsverlust, stark schwankender Körpertemperatur. Häufig bemerken die Besitzer, dass die Schleimhäute blass sind und Tiere die Nahrung verweigern.

· Vergrößerung der Milz (Splenomegalie)

· Gleichzeitige Schwellung von Leber und Milz (Hepatosplenomegalie)


Wenn ein Blutbild gemacht wird, sind folgende Werte recht typisch:


· regenerative Anämie

· Erythrozyten niedrig

· Hämoglobin niedrig

· Hämatokrit niedrig


Der zuverlässigste Weg, um Mykoplasmen nachzuweisen, ist der PCR-Test. Und da komme ich auch zum großen Knackpunkt dieser Infektion: Sie wird häufig schlichtweg nicht in Betracht gezogen oder untersucht und bleibt unentdeckt!


Die erkrankten Tiere werden hoch- und runtergetestet, alle Mittelmeerkrankheiten, feline Leukose, sogar Vergiftungen und Leukämie hatte ich bei meinen Patienten als Diagnose von Tierärzten und auch Tierkliniken. In der Zwischenzeit werden mehr und mehr rote Blutkörperchen zerstört, die Anämie schreitet voran und kann lebensbedrohliche Auswirkungen annehmen. Das Gehirn und alle Organe werden immer weniger mit Sauerstoff versorgt, Nierenwerte steigen an, es kann ein Ikterus (Gelbsucht) entstehen, die Tiere fressen nichts und sind sehr apathisch. Häufig hilft hier nurh eine oder mehrere Bluttransfusionen, um Zeit zu gewinnen. Wird immer noch nicht auf Mykoplasmen untersucht, sinkt die Anzahl der roten Blutkörperchen nach einer Transfusion wieder kontinuierlich. Tatsächlich kann dies zum Tode eines Tieres führen.


Es gibt auch gerade bei Katzen eine interessante und wichtige Erfahrung, die ich alleine dieses Jahr schon drei Mal erlebt habe: Katzen mit dem felinen Immuninsuffizienzvirus, besser bekannt als FIV oder Katzen-Aids, leiden urplötzlich unter einer Anämie, welche von Tierärzten als "typisches" FIV-Symptom erklärt wird. In der Tat kann eine Anämie als Folge von FIV auftreten, allerdings dränge ich immer darauf, trotzdem den PCR-Test auf hämotrope Mycoplasmen zu veranlassen. Tatsächlich hatten diese Katzen Mycoplasmen und damit konnte die richtige Behandlung eingeleitet werden.


Deswegen möchte ich euch wirklich ans Herz legen, gerade bei plötzlich auftretenden Anämien auf einen PCR-Test Mykoplasmen zu bestehen, wenn „nichts anderes“ diagnostiziert werden konnte. Das hat tatsächlich meinen Patienten mit dieser unerkannten Infektion das Leben gerettet. Nicht jede Anämie wird durch die hämotropen Mykoplasmen ausgelöst, aber wenn diese nicht getestet und erkannt werden, hat dies wirklich fatale Folgen.


Schulmedizinisch wird eine Infektion mit Mykoplasmen klassisch mit Doxycyclin behandelt und zwar über mindestens vier Wochen. Trotzdem werden in der Regel nicht alle Mykoplasmen zerstört und die Tiere bleiben häufig ihr Leben lang Träger dieser Bakterien und es kann zu weiteren Schüben kommen.


Wie ich meinem eigenen Kater aus der Misere geholfen habe, da Antibiotika bei ihm überhaupt nicht geholfen hat, werde ich in einem extra Praxisbeispiel demnächst beschreiben.


Eure Carmen

Zertifizierte Tierheilpraktikerin

4.120 Ansichten6 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen
bottom of page