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  • AutorenbildCarmen Schiefer

„Das geht mir ganz schön an die Nieren…“, sagt die Katze


Eine wirklich treffende Redewendung aus dem 19. Jahrhundert… Wenn einem etwas an die Nieren geht, dann ist dies etwas, das den Gemütszustand oder gar die Lebenskraft beeinträchtigt. Nieren also gleich Lebenskraft.


In der traditionellen chinesischen Medizin unterscheiden sich die Nieren von allen anderen Organen dadurch, dass sie die Grundlage für alle Energien des Körpers sind, Sitz der „Grundenergie unseres Lebens“. Da sind sich doch mal die westliche und die östliche Denkweise einig. Das ist bei der Katze genau wie bei uns Menschen.


Was also nagt an den Nieren unserer Katzen, dass sie immer häufiger an akuter oder chronischer Niereninsuffizienz, Nierenversagen, Nierensteinen, Nierenkolik, Nieren-beckenentzündung oder sogar Nierenkrebs erkranken?


Und warum sind Erkrankungen der Nieren die häufigste Todesursache bei Katzen? Spitzenreiter dieser traurigen Liste ist übrigens nach wie vor die chronische Niereninsuffizienz.

Nieren haben vielfältige Aufgaben und sind eines der großen Wunder des Körpers. Sie reinigen das Blut von Schadstoffen, entscheiden, welche Stoffe und wieviel Wasser zurück in den Körper und wieviel ausgeschieden werden soll, haben Einfluss auf den Blutdruck, produzieren Hormone für die Bildung der roten Blutkörperchen und den Knochenstoffwechsel.


Was macht Nierenerkrankungen so gefährlich und wo liegen mögliche Ursachen?

Viele Organe sind in der Lage, Zellgewebe zu regenerieren oder zu erneuern, am besten können dies die Leber und die Haut. Das Nierengewebe mit über 200.000 feinen Filtereinheiten gehört leider nicht dazu. Werden diese Filtereinheiten (Nephrone) geschädigt oder zerstört, ist dies nicht mehr rückgängig zu machen. Hunde haben übrigens 400.000 Nephrone und Menschen sogar 1.000.000! Kein Wunder, dass gerade die Katzennieren soooo anfällig sind.

Es gibt 2 Gruppen von Ursachen für Nierenschädigungen. Auf der einen Seite sind

Vergiftungen, Tumore, erbliche Faktoren, aber ebenfalls Nebenwirkungen von Medikamenten,

Entzündungen von Niere oder harnableitenden Wegen, zu nennen. Weitere Ursachen, welche

die Gesundheit beeinträchtigen können sind z.B. Zahn- und Zahnfleischerkrankungen,

unbehandelte Infektionen, ausschließliche Fütterung von Trockenfutter oder minderwertigem Nassfutter, Impfungen, Bluthochdruck, harnansäuerndes Futter, Kaliummangel. Diese müssen nicht zu Nierenerkrankungen führen, beeinflussen aber nichtsdestotrotz die Gesundheit vieler Katze, insbesondere Flüssigkeitsmangel ist einer der großen Risikofaktoren.


Fest steht, dass besonders ältere Tiere betroffen sind, da die Leistung der Nieren im Alter nachlässt. Ab dem 10. Lebensjahr verdoppelt sich sogar die Gefahr, dass Katzen an einem Nierenleiden erkranken.

Einige Beispiele von Nierenerkrankungen der Katze


- Nierenbeckenentzündung: unbehandelte Harnwegsinfektionen sind häufig die Ursache hierfür. Sie gehen einher mit erhöhter Temperatur, Abgeschlagenheit, Schmerzen im Rückenbereich, Polydipsie (vermehrtes Trinken) und Polyurie (vermehrtes Harn lassen).

- Nieren- und Harnsteine: ein erhöhter Mineralsalzspiegel im Blut (z.B. durch zu viel Trockenfutter oder zugesetzte Mineralien insgesamt im Futter) und Wassermangel kann zu Steinbildung führen, was zu Problemen und Schmerzen beim Harn absetzen führt.

- Chronische Niereninsuffizienz (CNI): Ein schleichender Prozess ohne besondere Symptome im Anfangsstadium. Die Nieren sind lange Zeit in der Lage, ihre Arbeit zu tun, ohne dass uns eine Schädigung auffällt. Wir nennen das Kompensation. Vermehrter Durst ist häufig das erste Anzeichen, dass Besitzer erkennen, vielleicht auch, dass die Katze insgesamt müder wirkt, als sonst. Häufig sind die Nieren dann bereits zu 65 bis 70% irreparabel geschädigt.


Gegen einige der oben beschriebenen Punkte sind Katzenbesitzer sicherlich machtlos, aber nicht gegen alle. Also nehmen wir den Kampf doch auf!


Diagnostik: Wie wird chronische Niereninsuffizienz richtig erkannt?

Oft ist diese Diagnose tatsächlich ein „Zufallsbefund“, wenn z.B. einmal jährlich ein Gesundheitscheck inklusive Blutbild gemacht wird. Ihr müsst bitte verstehen, dass Organe wahre Meister der Kompensation sind, d.h. der Körper in seiner Gesamtheit versucht, Missstände erst mal selber zu regulieren. Das ist auch ein Grund, warum beispielsweise die sogenannten Nierenwerte (Kreatinin und Harnstoff) erst spät im Blut erhöht sind. Zu diesem Zeitpunkt sind häufig schon bis zu 70% des Nierengewebes nicht mehr funktionsfähig.

Auch Symptome der Katze, wie vermehrtes Trinken, häufigeres Erbrechen, struppiges Fell sind Indikatoren dafür, dass mit der Fellnase etwas nicht stimmt. CNI ist hier nur eine mögliche Ursache und Erkrankungen wie Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose), Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) oder auch Zucker (Diabetes mellitus) müssen differentialdiagnostisch berücksichtigt werden.





Ich weiß, dass viele Katzenbesitzer Schuldgefühle entwickeln, dass sie nicht früher erkannt haben, dass mit ihrem Schatz etwas nicht in Ordnung ist. Ich kann nur sagen: Bitte nicht! Das hat nichts mit euch zu tun, sondern tatsächlich mit der enormen Kompensationsleistung der Zellen und aller Körperbausteine.


Aber zurück zur Diagnostik…

Eine normale Blutuntersuchung reicht nicht aus. Aussagekräftiger ist in jedem Fall ein geriatrisches Blutbild inklusive dem Wert SDMA. Auch der Wert für Langzeitzucker, Fructosamin, sollte auf jeden Fall dabei sein, denn das eine Katze z.B. mehr trinkt und dementsprechend auch mehr pinkelt, kann auch den Ursprung in Diabetes mellitus oder anderen Erkrankungen haben.

SDMA steht für symmetrisches Dimethylarginins. SDMA stammt aus dem Proteinabbau, wird nicht nennenswert verstoffwechselt und über die Niere ausgeschieden, dient somit als Marker für die glomeruläre Filtrationsrate (GFR), sprich, wie gut die Nieren ihre Arbeit erledigen können.

SDMA ist also ein Nierenmarker und sensitiver Indikator der Nierenfunktion, der bereits bei einem Verlust der Nierenfunktion von 25% ansteigen kann. In der Regel also viel früher als die anderen genannten Werte.

Aber auch das reicht alleine nicht aus, um eine CNI wirklich zu erkennen. Zusätzlich sollte eine Harnuntersuchung im Labor gemacht werden, denn im Urin finden sich auch viele Informationen zum Zustand der Nieren und des gesamten Harnapparats. Das spezifische Gewicht vom Urin z.B., ob die Nieren den Urin richtig konzentrieren oder ob Kristalle oder Harnsteine vorhanden sind.

Eine weitere sinnvolle Urinuntersuchung ist die Ermittlung des Protein-Kreatinin-Quotient, kurz UPC. Das UPC-Verhältnis sollte allerdings nur in Urinproben bestimmt werden, die kein Blut und keine Entzündungszellen enthalten. Blut und Entzündungszellen im Urin könnten fälschlicherweise zu hohen Ergebnissen des UPC-Verhältnisses führen und auf eine Nierenerkrankung schließen lassen, obwohl keine vorliegt.

Eine Ultraschalluntersuchung gibt Aufschluss über Größe und Form der Nieren, ob Zysten oder Schäden vorhanden sind und Urinstau in den Nieren zu sehen ist.

Für viele ist auch eine Blutdruckmessung ein Muss, da die Nieren starken Einfluss auf den Blutdruck nehmen. Eine einmalige Messung beim Tierarzt ist in meinen Augen allerdings genau das: eine einmalige Messung bzw. eine winzige Momentaufnahme. Sie sollte besser häufiger und zu Hause durchgeführt werden, um wirklich aussagekräftig zu sein.

Bei IDEXX könnt Ihr Euch gerne in die Labordiagnostik einlesen. Ein interessanter Link dazu:


Vorbeugen ist die beste Medizin

Was könnt Ihr tun, um Eure Katze zu unterstützen?

ö Gebt Eurer Katze gutes, ausgewogenes Futter mit hohem Fleischanteil, ohne Getreide, Zucker, Konservierungsstoffe und der ganzen Reihe von Zusatzstoffen! Ihr ahnt es wahrscheinlich schon: Trockenfutter gehört nicht zum ausgewogenem Futter, denn in der Regel decken Katzen einen großen Teil ihres Wasserbedarfs durch die Futteraufnahme. Erhält die Katze nur Trockenfutter, muss sie ein Vielfaches an Flüssigkeit zu sich nehmen, damit Körperzellen nicht austrocknen, Giftstoffe ausgeleitet werden können und die Nieren nicht geschädigt werden. Die meisten Katzen befolgen diesen gutgemeinten Rat leider gar nicht von selbst. Futterumstellung auf gutes Futter, nachdem ein Tier bereits erkrankt ist, ist häufig wirklich sehr schwierig, darum fangt lieber an, so lange noch keine Symptome oder Krankheit vorliegen.

  • Animiert Eure Katze zu trinken. Auch wenn die „Ahnen“ unserer Katzen Wüstenbewohner waren, müssen Katzen Flüssigkeit aufnehmen. Viele Katzenbesitzer haben gute Erfahrungen mit einem Trinkbrunnen gemacht oder durch das Austauschen von Leitungswasser gegen ein gutes stilles Mineralwasser. Frisches Wasser muss immer zur Verfügung stehen.

  • Gesundes Zahnfleisch und gute Zähne sind ebenfalls ein wichtiger Punkt. Immer mehr Katzenbesitzer kennen die Erkrankung FORL, bei der häufig außer Zähne ziehen keine andere Behandlung möglich ist, hierzu übrigens ein interessanter Artikel (https://www.tierarzt-rueckert.de/blog/details.php?Kunde=1489&Modul=3&ID=20507). Regelmäßige Kontrolle und unter Umständen Zahnsteinentfernung oder Zahnsanierung sind leider häufig ein Muss bei unseren Fellnasen. Unerkannte bzw. nicht behandelte Zahnprobleme können die Nieren ebenfalls beeinträchtigen.

  • Kurmäßige Stärkung des Immunsystems sowie der Funktion von Leber und Nieren hilft Eurer Katze, denn ein starkes Immun- und Entgiftungssystem unterstützt die Fähigkeit ihres Körpers, den allgegenwärtigen Umweltgiften, Darmparasiten und Infektionen entgegenzutreten. Regelmäßige Wurmkuren oder SpotOns gehören nicht zur Prophylaxe, die meisten dieser Mittel sind wahre Pestizide und manche Katzen reagieren mit allergischen Reaktionen oder Schlimmerem darauf. Es gibt viele wirksame Alternativen, die auf natürliche Weise den verschiedensten Plagegeistern Einhalt gebieten. Einer Entwurmung sollte IMMER eine parasitologische Kotuntersuchung im Labor vorangehen.

Schenkt Eurer Katze Aufmerksamkeit, und zwar nicht nur zum Spielen und Schmusen. Je besser Ihr Eure Katze kennt, desto schneller fallen auch Veränderungen an ihr auf:


  • Trinkt oder frisst sie mehr oder weniger?

  • Schläft sie länger als sonst, ist sie ruhiger oder verkriecht sich sogar, dreht sie plötzlich auf?

  • Verändert sich ihr Gewicht bei unveränderter Futtergabe, leidet sie an Appetitlosigkeit, Erbrechen, Durchfall oder Verstopfung, riecht sie vielleicht aus dem Mäulchen?

  • Pinkelt sie mehr oder weniger, maunzt sie vielleicht sogar dabei?

  • Ist das Fell glänzend oder stumpf und eher struppig, sind vielleicht auch Schuppen im Fell?

  • Nehmt auch ruhig regelmäßig eine sogenannte „Wasserfalte“, um den Wasserhaushalt zu prüfen. Zieht dafür das Fell am Nacken ein wenig hoch und lasst es wieder los. Die Hautfalte sollte maximal eine Sekunde brauchen, um sich wieder ganz glatt zu legen. Bleibt sie länger stehen, ist dies ein Zeichen für Austrocknung und das Tier benötigt dringend Flüssigkeit.

  • Und: Wenn Euch das Verhalten oder Zustand Eures Tieres Sorge bereitet, lasst lieber einen kompetenten Behandler das Tier anschauen. Ich bin ein großer Fan von: Lieber einmal zu viel, als einmal zu wenig! Das gilt insbesondere, wenn das Tier große Probleme oder Schmerzen beim Urinieren hat oder kaum noch Urin absetzt. Harngries und Blasensteine können einen Urinrückstau in die Nieren verursachen – akutes Nierenversagen ist die Folge und das ist lebensgefährlich für Euer Tier. Dies ist ein wirklicher Notfall, bitte nicht zögern, sondern gleich ab zum Tierarzt oder Tierklinik. In der Regel muss unter Narkose ein Katheter gesetzt und Harngries oder Steine entfernt werden; reicht dies nicht aus, müssen die Steine operativ entfernt werden. Zudem werden durch Infusionen die Nieren und das Harnsystem gespült. Durch die extrem eingeschränkte Nierenfunktion kommt es zu einer Übersäuerung des Blutes, welche alle Körperorgane schädigen kann. Infusionen mit Natriumhydrogencarbonat (NaHCO3), Euch vielleicht besser bekannt als das gute Natron, gleichen die Übersäuerung im Blut aus. Sprecht dies ruhig an, wenn Infusionen gegeben werden müssen.

  • Naturheilkundliche Behandlung: Es gibt sehr viele Möglichkeiten, Eure Tiere zu unterstützen. Einzelne homöopathische Mittel, die sogenannte SUC-Kur von Heel ist schon sehr bekannt, Heilpilze wie Cordyceps, der besonders Nieren stärkt, Stärkung von Leber gehört mit in den Behandlungsplan, Hilfe bei Übelkeit und Appetitverlust und, und, und… Es gibt wirklich sehr viele unterschiedliche Therapieansätze, die sich sehr bewährt haben und individuell für Euer Tier geplant sein sollten, inklusive notwendiger schulmedizinischer Medikamente.


Ihr seht, Ihr könnt selber einiges tun, um die Gesundheit Eurer Katzen in die Hand zu nehmen. Wenn bereits eine Nierenerkrankung festgestellt wurde, lautet die Devise: Keine Panik und nicht aufgeben!


Es gibt viele Katzen, die trotz eingeschränkter Nierenfunktion mit zusätzlich ganzheitlicher Behandlung und liebevoller Fürsorge noch viele schöne Jahre haben können. Unsere drei, die schon vor vielen Jahren an CNI gestorben sind, gehören dazu und daher widme ich diesen Artikel unseren unvergessenen Schätzen Racker, Xenia und Blanca.

Bleibt gesund und achtet gut auf Euch und Eure Schatzis


Carmen Schiefer (zertifizierte Tierheilpraktikerin)



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